26.02.2014

Übersicht über die Folgeschädenregelung bei Leitungsbaumaßnahmen

Checkliste Entschädigungsrelevanter Positionen für ein unterirdisches Leitungsbauvorhaben auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen

Wichtiger Hinweis: Die nachfolgende Checkliste wurde vom Gebietsagrarausschuss beim Landkreis Fulda als Orientierungsmaßstab für Landwirte und Grundstückseigentümer aufgestellt, die sich mit Entschädigungsfragen wegen unterirdischer Leitungsbauvorhaben

auseinander zu setzen haben. Die Checkliste ist in der Aufzählung der Positionen nach hinten offen, da nicht alle Schadenssituationen genannt werden können.

Bitte beachten Sie als Betroffene eines Rohrleitungsbauvorhabens, dass laut Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Kassel für das Bauvorhaben der K&S Kali GmbH vom 25.06.2012 und des Planfeststellungsbeschlusses des RP Kassel vom 30.04.2013 für das Bauvorhaben der Gascade Gastransport GmbH, für alle baubedingten

Schäden, grundsätzlich die Beweislastumkehr gilt (siehe dazu auch Abschnitt D)!

A. Dienstbarkeits- und Gestattungsrechte

Grunddienstbarkeit - und Gestattungsvertrag für die Betretungsrechte für Bau und Betrieb der Leitung:

Hinweis: Eventuell wird im Einzelfall noch eine erweiterte Betrachtung der Verkehrswertminderung über den Schutzstreifenbereich hinaus und bezogen auf das gesamte Flurstück, erforderlich.

Dies ist besonders dann der Fall, wenn das Flurstück mit einer oder mehreren Leitungstrassen belegt werden soll und der Verkehrswert dadurch erheblich gemindert werden würde (z.B bei Bauerwartung für das betroffene Flurstück) oder bei erheblich nachteiligen Veränderungen des Grundstücks auf seiner Oberfläche, im Unterboden oder hinsichtlich seiner langfristigen Ertragserwartung und/ oder der sich nachteilig

zeigenden Bewirtschaftungsmöglichkeit. Diese Veränderungen müssen durch die jeweilige Baumaßnahme hervorgerufen worden sein oder damit in Verbindung stehen.

B. Schäden während der Bauphase und deren Vermeidung

- Ertragsverluste im Trassenbereich- Ertragsverluste durch die Anlage von zusätzlichen Vorgewenden
- Bildung von nicht bewirtschaftbaren Restflächen während der Bauphase
- Arbeitserschwernisse, Mehraufwand bei Pflegearbeiten, Umwege
- Eventuelle Zwischenfruchteinsaat im Trassenbereich, weil eine Kulturart   spezifische Bestellung nicht mehr möglich ist
- Betriebskontrolle der Kulturen und Mehraufwand durch Bildung von Teilschlägen
- Randschäden und Ertragsminderung
- Strohverwendung und/ oder Strohverkauf wegen der Baumaßnahme nicht möglich
- Mehraufwand von Produktionsmitteln wie Dünger und Pflanzenschutz
- Entgang der Zahlungen für die EU-Prämienrechte auf dem Trassenbereich der Rohrleitung und Vergütung von Mehraufwand bei der Antragsstellung

- Ein den Schaden minimierendes Verhalten der Leitungsbau und –be-treiberfirmen in der Bauphase kann z. B. durch die folgende Maßnahmensichergestellt werden:

- Getrennte Lagerung von A-, B- Horizont und dem Unterboden
- Zerstören der Grasnarbe auf Grünland vor dem Mutterbodenabtrag
- keinen Abtransport des Mutterbodens zulassen
- Vermeidung von Untergrundverdichtungen z.B. durch die folgenden Maßnahmen:
a. Verwendung von Rohrlegern mit schwingungsgedämpften Motoren zur Vermeidung von Untergrundverdichtungen
b. Ausstatten der Fahrzeuge für Transporte auf der Trasse mit bodenschonender Bereifung (Vermeidung von Untergrundverdichtungen)
c. Festgelegte Plätze für die Materiallagerung
d. Beschränkung der Transporte auf dem Trassenbereich auf das geringstmögliche Maß zur Vermeidung von Untergrundverdichtungen
e. Daher sollten Transporte möglichst über das öffentl. Straßen- u. Wegenetz geleitet werden;
f. Wirtschaftswege nur auf vorher festgelegten Strecken befahren
g. Keine Arbeiten bei ungünstigen Witterungs- und Bodenverhältnissen durchführen

C. Folgeschäden nach der Rekultivierung

Hierzu zählen u.a. die folgenden Schadensereignisse:

Ertragsverluste, Mehraufwendungen und Arbeitserschwernisse bei der Bewirtschaftung im Trassenbereich, Inanspruchnahme von mehr Fläche während der Baumaßnahme, nachteilige Veränderungen bei der Bauausführung und der anschließenden Wiederherstellung sowie nicht reparierte oder schlecht wieder hergestellte Wirtschaftswege, Wegeseitenflächen und Gräben.

Im Einzelnen haben diese Schäden die folgenden baubedingten Ursachen:
h. Wasser- u. Nährstoffmangel, der über mehrere Jahre mit erhöhtem Aufwand bei der Düngung ausgeglichen werden muss.
i. Aufwand für Vorratsdüngung oder Meliorationsdüngung
j. Bodenstrukturschäden und Schäden des Bodengefüges durch:
- baubedingte Verdichtungen
- Vernässungen und Staunässe hervorgerufen während der Bauphase
- Einbau der Bodenschichten in anderer Reihenfolge bzw. Ersatz von ursprünglichen Bodenschichten durch Verfüllung mit Sand
k. Veränderung der Wasserführung im Untergrund und Unterbrechung des Wasseraufstiegs durch die verlegte Rohrleitung
l. Vernässungen des Grundstücks zum Beispiel im Trassenbereich nach der Wiederherstellung
m. Mit Defekten hinterlassene Drainagesysteme
n. Unsachgemäßes Befahren oder Befahren von Wirtschaftswegen entgegen vorher getroffener Vereinbarungen und Festlegungen
o. Veränderung des Profilaufbaus durch unsachgemäßen Einbau derBodenschichten oder Sandeinbau
p. Schlechte Befahrbarkeit und Ertragsschäden aufgrund fehlenden Porenvolumens (Verdichtungsschäden) im Trassenbereich
q. Umwege und Mehraufwendungen durch dauerhafte Beeinträchtigungen desTrassenbereichs
r. Auswirkungen auf die Bewirtschaftungsmöglichkeiten wie Beweidung undSchnittnutzung bei Grünland
s. Steine im Bearbeitungshorizont
t. Unterschiedliche Temperaturbedingungen bei hochverdichtetenGasleitungsnetzen und deren Auswirkungen auf die landwirtschaftlichenKulturen
u. Setzungen des Bodenprofils mit der Folge von Bewirtschaftungserschwernissen
v. Veränderungen der Standorteigenschaften durch die verlegte Rohrleitung
w. Höhere Folgeschäden bei Talsenken, Biegeplätzen und Pressgruben durchgestörte Wasserführung
x. Defekte Leitung oder sogar Bruch der unterirdischen Rohrleitung mit Verlust von Teilen oder sogar des ganzen Flurstücks durchNutzungseinschränkungen
y. Stillegung der unterirdischen Leitung und Verbleib der Rohrleitung im Grundstück

D. Zusammenfassung:

Aus den Positionen A – C ergibt sich in der Addition der Einzelpositionen dann der jeweilige Gesamtschaden, der aber nicht die Anerkennung einer abschließenden Entschädigungsregelung durch den betroffenen Grundstückseigentümer sein sollte, da gerade im Bereich der Folgeschäden unabsehbare Schadensituationen entstehen können, die dann im Einzelfall noch zusätzlich entschädigungsrelevant wären und dem Leitungsbetreiber angelastet werden müssten. Deshalb sollten Sie die Bauabnahme und Fertigstellungsprotokolle nur unterschreiben, wenn keine Leistungen mehr offen bzw. Leistungen der Wiederherstellung nicht unerledigt geblieben sind. Sollte Ihnen ein Fertigstellungsprotokoll vorgelegt werden, das gleichzeitig die Vereinbarung darüber enthält,wer zu welchem Zeitpunkt und zu wessen Lasten die Fertigstellung durchführt, so könnte dadurch eine Regelung für einen festen Zeitpunkt in der Zukunft und die Regelung der Kostenfrage entstehen, die ggf. eine Unterschrift möglich macht. Bei Unsicherheiten darüber, ob Sie ein Protokoll zur Abnahme unterschreiben können, holen Sie sich ggf. rechtlichen undfachlichen Beistand ein.

Für die Folgeschäden nach der Fertigstellungsabnahme kommt die in den o.g. Planfeststellungsbeschlüssen für die Rohrleitungen der K&S Kali GmbH (Az.: 34/Hef-79 f 12-03-302-27/277, unter 4.5.5, S. 37) geregelte Verpflichtung der K&S Kali GmbH zur Vereinbarung eines Interessenabgleichungsvertrages mit der Gascade Gastransport GmbH zur Wirkung. Dadurch ist gewährleistet, dass die beiden Leitungsbetreiber untereinander regeln, wer von beiden für einen Folgeschaden gegenüber dem Grundstückseigentümer und/ oder dem Bewirtschafter zu einem späteren Zeitpunkt aufkommt.

Im Planfeststellungsbeschluss (nach §43, EnwG, Az.: 33 EnWG-WINGAS-MIDAL-1/we/aug,unter 3.8.3, S. 27) ist für die Gascade Gastransportleitung in einem Zeitraum von 10 Jahren eine Beweislastumkehr bei Vernässungsschäden und den daraus resultierenden Beeinträchtigungen festgelegt. Die Beweislastumkehr kommt somit zu Gunsten der Grundstückseigentümer dabei zum Tragen. Der Leitungsbetreiber muss dabei beweisen, dass der angesprochene Schaden nicht mit der von ihm durchgeführten Baumaßnahme oder dem Betrieb der Leitung in Verbindung steht. Die Beweislast liegt somit nicht auf der Seite der Grundstückseigentümer oder der Bewirtschafter. Auf diese Verfahrensweise sollten Sie bei unvorhersehbaren oder nachträglich festgestellten Vernässungsschäden und damit in Verbindung stehenden Folgeschäden bestehen!

Für die o.g. Leitungsbauvorhaben ist seitens des Regierungspräsidiums Kassel mit Erlass des o.g. jeweiligen Planfeststellungsbeschlusses (K&S Soleleitung, Az.: 34/Hef-79 f 12-03-302-27/277, unter 4.5.3, S. 36 u. 37 und Gasleitung, §43, EnwG, Az.: 33 EnWG-WINGAS-MIDAL-1/we/aug, unter 3.9.8 und 3.9.9, S. 29) ein landwirtschaftliches Sachverständigen- büro zur Kontrolle des Bauvorhabens während der Baumaßnahme und für die Doku-mentation der ordungsgemäßen Wiederherstellung des Trassenbereiches durch die Planfeststellungsbehörde eingesetzt worden. Auf die während der Baumaßnahme gemachten Feststellungen und die Abschlussdokumentation des Sachverständigen können Sie ggf. zu Informationszwecken bzw. zur Regelung von Unstimmigkeiten mit dem Leitungsbetreiber zurückgreifen. Wenden Sie sich dazu bitte an das Sachverständigen Büro Dr. Volker Wolfram, Gut Albshausen, 34302 Guxhagen, Telefon, 05665/ 30962,agrartaxwolfram@t-online.de oder an die nachfolgend genannte Adresse und Telefonnummer bei der Planfeststellungsbehörde, dem Regierungspräsidium in Kassel oder dem jeweiligen Leitungsbetreiber. Bei Fragen, die vom Gutachter nicht entschieden werden können, ist die Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde zu treffen.

Zu raten ist Ihnen, dass Sie sich zunächst bitte an die Planfeststellungsbehörde, das Regierungspräsidium in Kassel, Außenstelle Bad Hersfeld, Telefon, 06621/4066 oder 0561/ 1060 oder an die Soleleitungsbetreiberin, die Firma K & S Kali GmbH, Am Kaliwerk 6,36119 Neuhof, Telefon, 06655/ 810 (siehe nachfolgend unter Nr. 1) oder an die Gasleitungsbetreiberin, die Firma Gascade Gastransport GmbH, Kölnische Str. 108- 112, 34119 Kassel, Telefon, 0561/ 9340 oder an Gascade über die Internetadresse, www.gascade.de, wenden. (siehe nachfolgend unter Nr. 2).

1. Für Fragen zur Soleleitung wenden Sie sich beim Regierungspräsidium Kassel an das Dezernat 34, Bergaufsicht, Herrn Franke, mit Dienstsitz in Bad Hersfeld, Hubertusweg 19, 36251 Bad Hersfeld, Telefon, 06621/4066 oder 406883 oder per E-Mail an steffen.franke@rpks.hessen.de , Az.: 34/Hef-79 f 12-03-302-27/277 od. an die Firma K & SKali GmbH, Am Kaliwerk 6, 36119 Neuhof,06655/814000, Herrn Klee, Leiter kaufm. Funktionen.

2. Für Fragen bezüglich der Gasleitung wenden Sie sich bitte beim Regierungspräsidium Kassel an das Dezernat 33, Energie, Herrn Weber und Herrn Rippl, mit Dienstsitz in BadHersfeld, Hubertusweg 19, 36251 Bad Hersfeld, Telefon, 06621/4066 oder 406845 od. 865oder per E-Mail an wolfgang.weber@rpks.hessen.de oder christian.rippl@rpks.hessen.de,

Az.: 33 EnWG-WINGAS-MIDAL-1/we/aug, od. an die Firma Gascade GastransportGmbH, Kölnische Str. 108- 112, 34119 Kassel, Telefon, 0561/ 9340 oder über dieInternetadresse, www.gascade.de an Gascade und dort an die Herren 0561/ 9342528, Herr Peine, christian-josef.peine@gascade.de od. 0561/ 9341936, Herr Dr. Christian Klapp,christian.klapp@gascade.de . od. 0561/ 9341367, Herrn Marco Breiding,marco.breiding@gascade.de

E. Mögliche Zahlungsvarianten für die Gesamtentschädigung:

Der Gesamtschaden kann entweder

. zeitlich in jährlich wiederkehrenden Zahlungen bezogen auf einen festen Zeitraum abgegolten werden. Eine Veränderung der Zahlung käme jedoch durch eine im zeitlichen Verlauf eintretende Folgeschadensituation zustande, die noch additiv zu betrachten wäre.

Diese würde die Entschädigungsleistung dann für den betroffenen Bewirtschafter noch erhöhen.

. Oder es würde die Erstattung durch eine Einmalzahlung des Entschädigungsbetrages durch den Betroffenen als Zahlungsempfänger gewählt und der Gesamtschaden durch den Leitungsbetreiber abgegolten. Davon ausgeschlossen sind Schäden, die zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar waren und zu einem späteren Zeitpunkt auftreten.

 F. Empfehlung:

Lassen Sie sich bezüglich der monetären Abwicklung der Entschädigungszahlung auch durch Ihre jeweilige Steuerberatung über mögliche steuerrechtliche Konsequenzen der Entschädigungszahlung informieren. Binden Sie die steuerrechtlichen Informationen über die Entschädigungszahlung in den Abwicklungsmodus der Zahlung aber auch in die Bezeichnung der Entschädigungsbeträge im Zahlungsverkehr ein.

G. Rechtsgrundlagen/ Rechtsschutz/ Rechtsweg

Eine Klagemöglichkeit gegen den Planfeststellungsbeschluss bestand lediglich in den ersten vier Wochen nach dem jeweiligen o.g. Beschlusstermin durch das Regierungspräsidium in Kassel. Diese Rechtsschutzmöglichkeit ist nach der vier-Wochen-Frist verstrichen. Der Planfeststellungsbeschluss hat somit seitdem Gültigkeit erlangt.

Bei von Ihnen festgestellten Schäden, die sich aus möglichen Zusammenhängen mit dem Bau oder dem Betrieb der Leitung ergeben können, sollten Sie über die Planfeststellungsbehörde abklären lassen, ob sich der festgestellte Schaden mit den durch die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Bedingungen für den Bau und den Betrieb der Leitung deckt. Ist dies nicht der Fall, hat die jeweilige o.g. Firma diesen Schaden zu beheben und eventuelle Folgeschäden daraus zu tragen. Die Beweislast trägt dafür der jeweilige Inhaber der Genehmigung für den Bau und den Betrieb der Rohrleitung. Ein Interessenabgleichungsvertrag wurde der K&S Kali GmbH zur Vereinbarung mit der Gascade Gastransport GmbH auferlegt (siehe D.)

Bei Streitigkeiten über die Höhe von Entschädigungszahlungen liegt eine privatrechtliche Streitigkeit vor. Hierzu gibt es keinen Rechtsschutz über den Planfeststellungsbeschluss, das Energiewirtschaftsgesetz (Gasleitung) oder das Bergrecht (K&S Soleleitung).

Diese Streitigkeiten sind auf der privatrechtlichen Ebene möglichst über Verhandlungen zu lösen. Sollte dieser Weg nicht zum Ergebnis führen, bleibt nur der privatrechtliche Klageweg aus dem BGB auf Schadenersatz. Im Vorfeld sollte mit einem für solche Streitigkeiten zugelassen Anwalt entschieden werden, ob eventuell eine gerichtliche veranlasste Beweissicherung im Vorfeld der Klage in Frage kommt.