Hessischer Bauernverband - Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld
15.04.2019

Schöne Aussichten- wie funktioniert moderne Landwirtschaft?

Die beiden Rheinisch-Deutschen Kaltblüter Fine und Bubi schnauben. Geduldig warten sie, bis alle Passagiere in dem Planwagen Platz genommen haben. Dann endlich geht es los auf eine Rundfahrt durch die Gemarkung von Dipperz. Doch es geht hierbei nicht nur darum, die schöne Aussicht zu genießen. Denn unter den Mitfahrern ist auch Landwirt Timo Zengerle, der auf seinem Familienbetrieb in Dipperz Milchkühe hält und während der Fahrt erläutert, wie moderne Landwirtschaft funktioniert. Und wie könnte das anschaulicher gehen als direkt zwischen den Feldern und Wiesen in der Gemarkung? "Wir haben einfach eine Möglichkeit gesucht, um mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen und sie daher zu dieser Rundfahrt eingeladen.", erklärt Timo Zengerle. Und dass dieses Angebot gerne angenommen wird, zeigt der vollbesetzte Planwagen. Auf der etwa 4,5 Kilometer langen Tour erklärt der Landwirt, wie die Gegebenheiten in der Gegend sind und was die heimische Landwirtschaft ausmacht.
 
Der Weg führt zunächst zu Getreidefeldern, welche im Moment von einer grünen Wiese kaum zu unterscheiden sind. Doch es gibt feine Unterschiede zwischen den Getreidearten, welche dem geübten Auge des Profis nicht entgehen. Um sie zu verdeutlichen reicht Timo Zengerle Gläser herum, welche mit verschiedenen Körnern gefüllt sind. Dazu erklärt er die unterschiedlichen Getreidearten, welche in der Gegend angebaut werden. Das sind hauptsächlich Weizen, Gerste, Triticale, Roggen und Hafer, wovon ein Teil für die menschliche Ernährung, der andere Teil als Tierfutter eingesetzt wird. Das Stroh, welches bei der Ernte anfällt, wird als Einstreu für die Tiere genutzt. Auch entlang eines Blühstreifes führt der Weg. "Wir legen diese Streifen freiwillig an, denn auch uns sind die Biene und andere Wildinsekten sehr wichtig". Auch wenn diese Streifen manchmal etwas unordentlich aussehen, sie lieferten den Tieren viel Nahrung und böten Unterschlupf. Dann kommt ein unbestellter brauner Acker. "Hier wird in ein paar Wochen Mais ausgesät, der dann nach der Ernte im Herbst als Maissilage an unsere Kühe verfüttert wird.". Auf eine Nachfrage aus dem Publikum reagiert der Landwirt mit Kopfschütteln: "Nein, natürlich ist unser Mais nicht gentechnisch verändert.". Mais stammt ursprünglich aus Südamerika und brauche daher wenig Wasser, eine Eigenschaft die in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger wird. Schließlich kommt das Gespann zu einer Wiese, welche trotz des kalten Wetters schon recht saftig grün ist. "Unsere Wiesen sind unsere Grundlage, denn hier wächst das wichtigste Futter für unsere Tiere." Gefährlich sei es, wenn Müll auf die Wiesen geworfen wird. Landet der Müll im Futter, so könnten die Tiere daran erkranken oder sogar sterben. "Wir sind eine Region, die von Grünland und damit von der Milchviehhaltung geprägt ist.", so Timo Zengerle. Denn das Grünland, und damit sind alle Wiesen und Weiden gemeint, stellt die Futtergrundlage für die Kühe dar. Sie können das Gras gut verwerten und produzieren daraus Milch, welche regional an die Hochwald Molkerei in Hünfeld vermarktet wird. Natürlich können die Kühe das Gras nicht komplett in Milch umwandeln. Was die Kuh nicht gebrauchen kann, landet in der Gülle. Und die kommt wieder auf die Wiesen und Felder. Ein Kreislauf, welcher sich seit Jahrtausenden bewährt hat, denn so gehen wichtige Nährstoffe nicht verloren, sondern können von den Pflanzen wieder aufgenommen werden. Dass Gülle nicht ganz geruchsneutral ist, weiß jedes Kind. Doch die Dipperzer Landwirte tun einiges dafür, dass der Geruch so gering wie möglich ist. Zu diesem Zweck haben sich drei Landwirte zusammengeschlossen und ein neues Güllefass gekauft, welches im Anschluss an die Rundfahrt besichtigt werden kann. "Das besondere an diesem Fass ist, dass durch die am Heck angebrachten Schläuche die Gülle direkt auf den Boden aufgebracht wird", erklärt Miteigentümer Peter Link aus Külos. "Dadurch kommt sie mit weniger Luft in Berührung und der Geruch verbreitet sich nicht so sehr.". Dass so eine Investition nicht ganz billig sein kann, das dürfte jedem klar sein, der das Gespann sieht. "Aber uns ist ein gutes Miteinander wichtig. Mit dieser Technik können wir den Güllegeruch weitestgehend vermeiden. Außerdem gehen so bei der Ausbringung weniger Nährstoffe verloren.". Bei der Gülleausbringung ist der richtige Zeitpunkt entscheidend, so Peter Link. Und sein Kollege und ebenfalls Miteigentümer Winfried Schäfer ergänzt: "Der beste Zeitpunkt zur Gülleausbringung ist unmittelbar bevor es regnet. Aber leider kann man das Wetter nicht immer so genau vorhersehen.". Bei den Pflanzen entsteht je nach Wachstumsstadium ein Nährstoffbedarf, welcher gedeckt werden muss. Setze man hierfür nicht die betriebseigene Gülle ein, so müsse Mineraldünger gekauft werden, welcher zwar nicht rieche, aber künstlich hergestellt wird und bei der Produktion viel CO2 freisetze. Und ein Kind aus dem Publikum merkt treffend an: "Und auf’s Klo muss die Kuh ja trotzdem".
 
Bei heißem Kaffee, Kakao und selbstgebackenen Kuchen findet die Veranstaltung ihren Ausklang und die beiden Kaltblüter Fine und Bubi haben nach drei Touren Feierabend und können mit ihrem Kutscher Georg Merz zurück in das heimische Traisbach ziehen.